Dokument: Glückspost aus Rwanda

 

Ich sehnsuche täglich nach einem Stückchen Glückchen.
Ein bisschen davon von unserem Kontinent zu den anderen. 

Wir sitzen im "Ambiente Afrika" in Stuttgart. Zwei Jahre ist's her. Bei der Unterhaltung mit ihr, 3 Generationen älter, blickt sie mich an und sagt gerade raus: "Du suchst was dich glücklich macht? Die Frage stellt sich mir nicht oft. Dich treibt sie um. Dich und deine Generation. Interessant."
Ja, mich treibt sie um. Glück, dieses ulkige Wort. Mit dem glucksenden GL-Klang zu Beginn. Mit den zwei Pünktchen. Und Pünktchen, die glücklich machen - so wurde es mir beigebracht. Auf Kleidung. Auf Buchstaben. In Gesichtern. Pippi mit ihrem Sommersprossengesicht in ihrem immerwährenden Langstrumpf Lebe-Glück drängt sich mir auf. Schiebt sich vor und drückt auf meinen Alltag. Der doch mindestens ein solches Pünktchen-reich voller Glücklichkeit sein sollte. Wie verhält es sich mit meinen Glückspunkten. Kannst du bitte nicht etwas mehr zu deinem eigenen Glück tun? Bitte. Fragt mich mein "Fräulein-ach-so-kritisch". 
You can do it. Du schaffst das. Mehr Übung, mehr Süperfoods, mehr Core-Fitness, mehr Schöööönheit bitteschööön. Streng dich an, sagt sie, die kritische Glücksbeauftragte meines inneren Teams, namens "Fräulein-ach-so-kritisch".

Ich versuche es mit einem Glücksbrief an das „Fräulein" und lasse sie ihre linienförmigen Augenbrauen mit einem Schulterzucken hochziehen. Soll sie doch, sagt sie stolz und verkrümelt sich in ihre Büroarbeit und Anträge. Irgendwann stößt sie schon auf meinen Brief, denke ich. 


Liebes „Fräulein-ach-so-kritisch“,

Die Osterferien haben hier begonnen. Die Kinder gehen nicht in die Schule sondern rennen und hüpfen auf den Straßen. Die Sonne scheint. Und wärmt. Der April beschert uns zuverlässig dunkle Wolken des Nachmittags und fette Regengüsse in den Nächten. Morgens ist es angenehm kühl, ab 10 Uhr ist die Sonne da und wärmt das Leben auf, vor dem großen Markt und in der Innenstadt wird es laut, voll und bunt. Ich komme mit wenigen Worten Kinyaruanda und wenigen 100 Ruandan Francs durch die Stadt. Fahre mit "Eric-der-Herr-sieht-mich" auf dem Mototaxi. Dann mit "Fred-ich-lobe-den-Namen-des Herrn" auf dem Fahrradtaxi nach Hause. Freue mich jetzt im April schon über diese Frühsommer-Osterferienvibes meiner Stadt.


Weil Ferien sind, kommt der Freund früh vorbei. Die einzige Frage, die es zu klären heißt, ist: Police or Pirate? And what can we wear?
Die Frage der Rolle und Verkleidung. Diese Frage - bringt sie nicht einige unserer "Erwachsenen-Tage" ziemlich gut auf den Punkt?
Unsere Kinder haben sich für die Ferien ein Piratenschiff im Sehrhochbett-Zimmer gebaut, mit Gefängnissen, Schlafplätzen, Küche und Kajüte. Rollen und Verkleidung für eine Woche geklärt. So einfach kann das Spielen sein.
So einfach das Leben. Kleines Glück.

Die Sonne mein kleines Glück. Sie wärmt mich auf. Sie wärmt mein Gemüt, und meine Schwester Innerlich auf. Fräulein-ach-so-Kritisch - hast du die Sonnenbrille zur Hand? Mein Glück die Sonne, sie wärmt die Farben auf. Sie legt ihren sanften natürlichen Filter auf das Grün der Wiesen und das Gelb-rot der Straße. Ich bestaune die vielen unterschiedlichsten Brauntöne meiner Mitmenschen, die in der Sonne einen natürlichen Goldglanz bekommen. Und strahlen. So viel Schönheit. So viel Schönheit. Die Sonne, mein Glück heute.

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Schaffi (Samstag, 20 Mai 2023 11:29)

    Da die Sonne bei uns z. Z. so ear ist, nehme ich die besonders wahr, wenn sie mal vorbei schaut. Und staune jedesmal, wie alles plötzlich in einem anderen Licht erscheint ��