Summer-Soul

Ich liebe das Meer. Denn egal, wie ich vor ihm sitze, ob aufgewühlt oder aufgeräumt, ob zufrieden oder zermürbt… es bleibt im selben Rhythmus. Welle für Welle. Blau-grün mit weißer Watte. Das Meer ist so treu, lässt sich nicht beeindrucken von mir und auch nicht von den anderen. Der Blick aufs Meer, der Blick in dieses endlose Blau - welch' wohltuende Ruhe.

 

Vielleicht lieben viele das Meer, weil es nur noch wenige dieser Orte gibt, an denen wir einfach sein können und an denen wir nicht immer für alles Tun und Lassen gleich bewertet werden. Egal ob Hochzeit planen, Kinder großziehen, die tägliche Arbeit - es wird geurteilt. Gut, schlecht. Angebracht, übertrieben. Normal, von der Norm abweichend. Ach, da lobe ich mir doch das Meer, das einfach zuhört und gleichmäßig dazu rauscht.

 

Richard Rohr sagte mal:

„Wir brauchen einen Ort, in dem wir all unsere Erfahrungen beherbergen können, ohne etwas zu verdrängen. Einen Ort, der größer ist als Ja oder Nein. Gott verheißt uns diesen weiten, umfassen Raum – es ist der Ort, den wir Seele nennen.“

Ich finde, da hat er recht. Wir brauchen eine Herberge für unsere Erfahrungen. Einen Ort der Geborgenheit, zum Fallenlassen und die Seele baumeln lassen. Ohne ja und nein zu diesem und jenem. Einfach da sein, mit dem was ist. Wie tröstlich, dass Gott uns diesen Ort verheißt und dafür muss ich nicht mal viele tausende Kilometer bis zum Meer fahren. Scheinbar gibt es diese Herberge in uns. Einen Platz, an dem Einer immer schon wartet. Uns willkommen heißt, mit allem Strahlen und Scheitern.

 

Ich wünsche mir, dass immer mehr auch mein Zuhause zu einem solchen Ort wird, an den Menschen kommen dürfen und diese Herzensweite erfahren.

Ich finde es gar nicht leicht, eine solche Freundin und Frau zu sein. Denn natürlich habe auch ich meine Vorstellungen und es sind viele - von normal und abweichend, von richtig und falsch. Ich gebe lieber Tipps und suche Lösungen für andere, als mich in der stillen Annahme dessen was ist, zu üben. Also male ich auf meine Tapete blau-weiße Wellen, weil ich ein bisschen mehr, wie das Meer sein will und stelle grüne Pflanzen auf, um mich zu erinnern, dass Gott uns in unserem Herzen einen schönen Garten gepflanzt hat. Ein Garten zum Schaukeln, Sein und Ankommen – mit allem, was ist. Er ist ein guter Gärtner. Sanftmut sein Wesen.

 

„Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ Psalm 31, 9

 

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