Frieden - im Krankenhauszimmer

Im Januar ist meine geliebte Oma gestorben. Wir haben sie immer Nonna genannt, also die italienische Variante von Oma. Das hat auch viel besser zu ihr gepasst, denn sie war eine wirkliche Nonna.

Temperamentvoll,meinungs-stark, super humorvoll und für ihre 93 Jahre immer noch einen frechen Spruch auf Lager.
Als Kind hatte ich manchmal ein wenig Angst vor ihrem Temperament, aber als ich größer wurde, konnte ich ihr die Stirn bieten und sie ließ sich die Stirn bieten, war immer offen für meine Sicht der Dinge. Nonna war eine unglaublich interessante und interessierte Gesprächspartnerin. Als sie dann im Sterben lag, leider bereits nicht mehr bei Bewusstsein, gab es in all der Traurigkeit einen sehr besonderen, friedvollen Moment. Wir hatten uns als ganze Familie in ihrem Krankenhauszimmer versammelt.
Meine zwei Cousins waren extra aus Moskau angeflogen, der Rest aus Berlin, Mainz und Stuttgart angereist. Wie eine italienische Großfamilie waren wir versammelt um das Bett unserer geliebten Nonna. Irgenjemand hatte Champagner besorgt und so konnten wir ein letztes Mal auf sie anstoßen. Wir hatten nur zwei, drei Gläser, die wurden rumgereicht und immer wieden hieß es, "auf dich Nonna, auf dein Leben, auf die viele Liebe, die du mit uns geteilt hast!"
Dann begannen wir alle hebräischen Lieder, die wir so kannten gemeinsam zu singen. Warum gerade die hebräischen weiß ich auch nicht, aber irgendwie hat diese Sprache einen so schönen Klang. Wir sangen "Shalom chaverim", also vom "Frieden für alle" im Kanon. Ein paar Minuten später las jemand  seinen Lieblingspsalm vor, es folgten ein paar Gedichte von Rilke. Wenn es so etwas wie einen "holy moment" gibt, dann war das sicher einer.  Mitten in diesen traurigen Umständen erlebten wir einen unglaublichen Frieden.
Der Schmerz, die Angst vor dem bevorstehenden Tod waren nicht einfach weg, aber sie waren eingebettet in eine tragende Gemeinschaft, in Lieder, in Gedichte.


Ich war dann noch zwei Mal ganz alleine bei meiner Oma, da wirkte alles viel bedrückender und bedrohlicher. Ich glaube wir Menschen brauchen Gemeinschaft, um Frieden zu erleben. Begegnung und Beziehung.


Ich habe in den letzten Jahren immer wieder die Erfahrung gemacht, dass diese Gemeinschaft nicht nur durch andere Menschen entsteht. Ich kann und darf mich auch in die wohltuende Gemeinschaft, die Gott der Vater, mit dem Sohn und dem Heiligen Geist hat, setzen.
Gott selbst ist ja pure Gemeinschaft, denn er ist drei. Vater, Sohn und Heiliger Geist. Diese drei reden und lachen gemeinsam, lieben und ermutigen sich. Und wir Menschen sind eingeladenen in diesen Kreis der Dreien. Vielleicht können wir uns das ein bisschen so vorstellen: Ich habe es immer geliebt meine Schwestern, die schon Kinder haben, zu besuchen. Mich an ihren Esstisch zu setzen und einfach Teil ihres lustigen, liebevollen Miteinanders zu sein. Einfach dabei zu sein, ein Teil ihrer Familie zu sein. Vielleicht ist es mit Gott ja ähnlich und wir können uns immer wieder mal eine ruhige Minute nehmen und uns in seine Gemeinschaft setzen, mal die Augen schließen, den Kopf anlehnen und erzählen oder einfach nur genießen, dass da drei sind, die sich lieben und die es lieben, ihre Liebe noch mit ganz vielen anderen zu teilen.

 

"It is not about isolation or self-centeredness. It is all about fellowship. And fellowship means God is not a lonely, sad and depressed being.

As Father, Son and Spirit, living in fellowship, God is essentially and eternally very happy. The Father, Son and Spirit live in conversation, in a fellowship of free-flowing togetherness and sharing and delight - a great dance of shared life that is full and rich and passionate, creative and good and beautiful."

(C. Baxter Kruger "The Great Dance")

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